Ernährungsmedizin

Vorträge

„Nutrient Timing“ und „Postworkout Nutrition“ bezeichnen die gezielte Zufuhr von Kohlenhydraten und Eiweiss direkt nach dem Training. Frühere Meinungen und Ansichten räumen den 30-60 Minuten nach dem Training als „anaboles Fenster“ eine entscheidende Bedeutung ein, um Anpassungsprozesse durch Training zu maximieren oder sogar überhaupt erst zu ermöglichen. Die früheren Studien hierzu zeigen, dass die Bedeutung der Nährstoffzufuhr direkt nach dem Training für das schnelle Auffüllen der Glykogenspeicher bei Athleten, die mehrmals täglich trainieren, von hoher Bedeutung ist (z. B. Kampfsport und Triathlon auf Spitzensportniveau). Bei Fitness-Athleten wird die Nährstoffzufuhr nach dem Training im Rahmen eines 60-minütigen „anabolen Fensters“ meist überbewertet. Hier ist vielmehr die Gesamtnährstoffzufuhr über 24 Stunden entscheidend, weniger das Nutzen des Zeitrahmens von einer Stunde nach der Trainingseinheit. Im Rahmen meines Vortrags auf dem FIBO Power Symposium bin ich in erster Linie auf die Daten und Ergebnisse der folgenden Publikation eingegangen:

Schoenfeld BJ, Aragon AA, Krieger JW. The effect of protein timing on muscle strength and hypertrophy: a meta-analysis. J Int Soc Sports Nutr. 2013 Dec 3;10(1):53. doi: 10.1186/1550-2783-10-53.

Der Effekt des Protein-Timings auf Kraftentwicklung und Hypertrophie: eine Metaanalyse

Zusammenfassung:
Protein-Timing ist eine populäre Ernährungsstrategie um die muskuläre Anpassungsreaktion an ein Krafttraining zu optimieren. Die Strategie umfasst die Proteinzufuhr vor, während sowie nach einer Trainingseinheit. Dadurch soll in der Nachtrainingsphase eine verstärkte Antwort bezüglich Kraftentwicklung oder Hypertrophie im Muskel ausgelöst werden. Trotz dieser plausibel erscheinenden Annahme zeigten längerfristigen Trainingsstudien durchaus unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Relevanz der Strategie.

In der vorliegenden Metaanalyse wurden strenge Kriterien an die Literaturauswahl angelegt. Die Hypertrophie Analyse umfasste 23 Studien mit 525 Probanden, die Kraftentwicklungsanalyse 20 Studien mit 478 Probanden.

Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass es vorrangig die insgesamt zugeführte Proteinmenge ist, die einen Effekt auf Kraftentwicklung und Hypertrophie ausübt und weniger der Zeitpunkt rund um das Training.

Hintergrund:
Mehrere wissenschaftliche Studien zeigten, dass anscheinend das Proteintiming entscheidend für die sofortige Proteinsynthese (Muskelreparatur) ist im Vergleich zu einer Placebogabe (Placebo bezeichnet in diesem Falle alles außer Protein/Aminosäuren, in den meisten Studien handelte es sich um Kohlenhydratgabe). Durch die Zufuhr von 6 g essenziellen Aminosäuren erzeugte man den größten Effekt auf die Proteinsynthese. Ob dabei der Zeitpunkt ein entscheidender Einflussfaktor ist, wie umgangssprachlich das „anabole Fenster“ postuliert wird, konnte jedoch in einem Literaturreview nicht überzeugend dargestellt werden. Daher wurde in der vorliegenden Publikation eine ausführliche Literaturrecherche mit strengen Auswahlkriterien in Form einer Metaanalyse durchgeführt.

Ergebnis:
Als wesentliches Ergebnis lässt sich ableiten, dass es überhaupt keinen Sinn macht, sich auf das Timing zu konzentrieren sondern, dass der entscheidenden Faktor für Kraftentwicklung und Muskelaufbau die gesamte Proteinzufuhr (umgangssprachlich die Proteinmenge – das was all diejenigen von uns, die nicht aus der Forschung sondern aus der Praxis kamen, schon immer geahnt haben) ÜBER DEN TAG ist! Anfänger mit dem Ziel Muskelaufbau sollten demzufolge bei einer Proteinzufuhr von 1,6 – 1,7 g pro kg Körpergewicht liegen. Fortgeschrittene, bei denen der Muskelaufbau üblicherweise nicht mehr so stark ausgeprägt ist, benötigen 1,4 g pro kg Körpergewicht.

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